Für die Erhaltung unserer Zukunftsfähigkeit in Deutschland müssen sich nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern auch die öffentliche Verwaltung neuen Anforderungen stellen. Trends wie die zunehmende Digitalisierung zwingen Organisationen dazu, sich mit geänderten Rahmenbedingungen auseinander zu setzen.
Die Digitalisierung bringt eine bisher nicht gekannte, rasante Entwicklung mit sich, für deren Bewältigung es neben der Implementierung technischer Lösungen auch eine Weiterentwicklung der Arbeitsweisen braucht. Zudem steigen die Erwartungen der Bürger:innen und Unternehmen in Bezug auf unkomplizierte, ständig verfügbare Services und schnelle Bearbeitung. Hier sind Innovationen gefragt, sowohl in den Prozessen als auch hinsichtlich angebotener Produkte und Dienstleistungen.
Die öffentliche Verwaltung wird in diesem Kontext äußerst selten als Treiber von Innovationen bezeichnet. Allerdings wird die Gruppe derer, die sich aktiv für eine Transformation, hin zu einer agilen Verwaltung einsetzt, täglich größer. Innovationen zeichnen sich vor allem dadurch aus, Bewährtes zu hinterfragen und Neues zu schaffen. Das lässt sich innerhalb bestehender Prozesse und Strukturen mit den verfügbaren Ressourcen kaum realisieren. Die öffentliche Beschaffung ist dabei ein oftmals unterschätzter Baustein, um das hier schlummernde Innovationspotential zu heben. Vielmehr verspüren sowohl Verwaltungsmitarbeiter:innen als auch Anbieter:innen eher Schmerzen, wenn es um eine öffentliche Beschaffung geht – zu kompliziert, dauert zu lange, ist zu teuer und es werden nicht die richtigen Angebote geliefert.
Die Frage, wie hier ausgerechnet die Beschaffung durch öffentliche Organisationen, eingeschränkt durch Vergaberecht und Sicherheitsdenken in den Organisationen, unterstützen soll, drängt sich zunächst auf. Auch eine 2017 durchgeführte Befragung ergab, dass die Vergaberechtskonformität das am wichtigsten benannte Ziel von Beschaffungen ist.
Von Innovationen also keine Spur?
Im Gegenteil, es gibt gleich zwei Ansatzpunkte – den Prozess einer innovativen Beschaffung sowie die Beschaffung von Innovationen selbst. KOINNO, das „Kompetenzzentrum innovative Beschaffung“, leistet hierbei wichtige Pionierarbeit. Das Förderprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), durchgeführt vom Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) verfolgt das Ziel, die Innovationsorientierung der öffentlichen Beschaffung dauerhaft zu stärken.
Der Leitfaden „Innovative öffentliche Beschaffung“ zeigt Optionen für beide Ansatzpunkte auf. Um den Prozess der Beschaffung innovativer zu gestalten, können beispielsweise funktionale Leistungsbeschreibungen erstellt werden. Der Auftraggeber beschreibt nur den Umfang der geforderten Funktionen, jedoch keine Angaben zur (technischen) Umsetzung. Diese aufzuzeigen liegt in der Hand der Bieter:innen. Außerdem können Nebenangebote zugelassen werden, so dass die Bieter:innen in ihren Angeboten Änderungsvorschläge einreichen können. Über einen Wettbewerblichen Dialog hingegen können ausführliche Gespräche mit mehreren potenziellen Anbieter:innen genutzt werden, um beispielsweise sämtliche Informationen des Marktes in die finale Leistungsbeschreibung einfließen zu lassen. Über sogenannte Innovationspartnerschaften lassen sich sogar der Entwicklungsauftrag mit der eigentlichen Beschaffung verbinden. So können auch Aufträge über noch nicht auf dem Markt verfügbare Produkte sowie Dienstleistungen vergeben werden.
Diese Verfahren sind bisher noch nicht allzu weit verbreitet, dabei geben sie Spielräume, um innovative oder neuartige Lösungen beschaffen zu können und das im Rahmen der Vergaberegeln. Es gibt also Potenzial und Möglichkeiten, die üblichen Schmerzen von Beschaffungen ein wenig zu mildern. Vertiefend dazu empfehlen wir für ausschreibende Organisationen den „Leitfaden zur innovativen öffentlichen Beschaffung“ von KOINNO. Allen potentiellen Anbieter:innen und Interessierten legen wir das „Playbook: Beschaffung für Startups und innovative KMU“ ans Herz.
Außerdem laden wir herzlich ein zu den von KOINNO und Apiarista (z.B. GeScheiterWeiter SONDEREDITION zum Thema Beschaffung https://gescheiterweiter.de/) geplanten Veranstaltungen, die hier im KOINNO Veranstaltungskalender bekannt gegeben werden.