Retrospektiven für Fortgeschrittene – Konkrete Problemstellungen adressieren
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ In einer Retrospektive treffen Fehler- und Lernkultur sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb eines Teams aufeinander. Und das möglichst regelmäßig, so dass sich große Konflikte gar nicht erst aufbauen und Verbesserungen in kleinen Schritten angegangen werden können. Damit das Format nicht an Wirkungskraft verliert, empfehlen wir, es für jeden Termin an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen. Der Klassiker, bei dem zunächst gesammelt wird, welche Aktionen und Handlungsweisen beibehalten, verändert, gestoppt oder gestartet werden sollen, ist und bleibt ein Evergreen. Allerdings reicht er nicht immer aus, um die nötige Tiefe in der Reflexion zu erreichen. Noch unerfahrene Teams finden so vielleicht noch nicht den Zugang zu den wirklichen Problemursachen, “alte Hasen” nutzen das bekannte Format vielleicht dazu, kleinere Themen vorzuschieben, um sich mit den gewichtigeren Themen nicht auseinandersetzen zu müssen. Wir möchten daher 3 Arten von Retrospektiven vorstellen, die jeweils einen ganz unterschiedlichen Fokus haben. Alle Retrospektiven werden natürlich von einem Einstieg sowie einem Abschluss eingerahmt, so dass jeder Termin in sich stimmig ist. 1. Fokus WERTE Gerade, wenn es immer wieder zu Konflikten innerhalb eines Teams oder zu emotionalen Ausbrüchen einzelner kommt, liegt es nahe, dass es sich um Wertekonflikte handelt. Jeder Mensch lebt und handelt nach einem ganz individuellen Wertesystem. Vielen sind ihre eigenen Werte aber gar nicht vollumfänglich bekannt, so dass selbst das eigene Verhalten manchmal zu Irritationen führen kann. Treffen nun die unterschiedlichen Werte der Teammitglieder aufeinander, kommen zusätzlich noch die Unternehmenswerte hinzu sowie die Rahmenbedingungen der aktuellen Situation, ist es nicht verwunderlich, dass hier so einiges an Konfliktpotenzial liegt. Je nach dem Vertrauenslevel innerhalb des Teams empfiehlt es sich, mit der Reflexion von Unternehmens- oder Teamwerten zu beginnen. Diese beziehen sich nicht auf einzelne Personen, gleichzeitig gelten sie für alle Beteiligten und es werden alle für das Thema sensibilisiert. Zu Beginn werden die Werte visualisiert und alle Teammitglieder befragt, was sie darunter verstehen. Bereits hier können sehr unterschiedliche Perspektiven und Auslegungen aufeinandertreffen. Wichtig ist es, dass es kein richtig oder falsch gibt. Ziel ist es, zunächst ein gemeinsames Verständnis im Kontext der Organisation und der Aufgabe zu finden. Im nächsten Schritt wird gesammelt, wie die Werte heute bereits gelebt werden. Anschließend erarbeitet das Team einerseits, wie die Werte auf die Zielerreichung einzahlen und außerdem, durch welche Maßnahmen Wertkonflikte zukünftig gemindert bzw. die Werte stärker gelebt werden können. Die Übertragung des Vorgehens auf die persönlichen Werte kann allen am Ende als Anregung mitgegeben werden. 2. Fokus SELBSTWIRKSAMKEIT DES TEAMS Teams agieren immer mit und in ihrem Umfeld. Daher ist es richtig, dass Rahmenbedingungen gegeben sein können, die hinderlich für die Arbeit des Teams sind und außerdem nicht im primären Einflussbereich des Teams liegen. Dennoch ist das Team Teil eines Systems, in dem alle Bestandteile aufeinander reagieren. So liegt, wenn auch zunächst vielleicht nur indirekt, immer ein Teil der Verbesserung im Einflussbereich des Teams. Damit ein Team nicht in eine destruktive “Jammer-Schleife” gerät, ist es also wichtig, den Fokus immer wieder auf die Selbstwirksamkeit zu lenken. Dazu werden zunächst Problemfelder gesammelt, die nicht im direkten Einflussbereich zu liegen scheinen, die der Zielerreichung aber massiv im Wege stehen. Im nächsten Schritt wird analysiert, welchen Einfluss die Hindernisse auf die Arbeit des Teams haben und auch, welche Aktionen dem entgegenwirken können. Beispielsweise lässt sich die eigene Arbeitsweise anpassen, wenn damit ein Hindernis überwunden oder umgangen werden kann. Oder es kann in Abstimmung mit den Stakeholdern entschieden werden, dass bestimmte Features entfallen oder angepasst werden, um weiter voranzukommen. Essenziell ist es, dass auch hier konkrete Maßnahmen festgelegt werden, die im nächsten Zyklus umgesetzt werden. Nur durch die konsequente Veränderung des eigenen Vorgehens kann ein Team eine Änderung des Systems erreichen, in welcher Form auch immer. 3. Fokus “ENTWEDER ODER” Werden bestimmte Themen in einem Team immer wieder umschifft oder nur schwammig formuliert, kann es helfen, mit einer Skalen-Retro zu arbeiten. Dabei werden polarisierende Aussagen zu besagten Themen formuliert und mit einer Skala kombiniert, beispielsweise “stimme ich vollkommen zu” und “stimme ich überhaupt nicht zu”. Wir empfehlen, mit zwei bis drei Aussagen zu arbeiten und diese gerne am Ende durch eine offene Frage zu ergänzen, z.B. was getan werden könnte, um beispielsweise die Nutzung eines neuen Tools zu verbessern. So muss sich jede:r positionieren, wird aber gleichzeitig in die Lösungsorientierung geführt. Hilfreich ist es, dabei mit sehr knappen Timeboxen zu arbeiten, so dass es bei den Skalenfragen weder zu einem langen Abwägen noch zu einer Orientierung anhand der Meinung anderer kommt. Das Ergebnis zeigt direkt, wie weit das Empfinden der Teammitglieder auseinander liegt. Im nächsten Schritt wird zunächst erläutert, was hinter dem Empfinden der einzelnen Teammitglieder steckt und anschließend gemeinsam reflektiert, wo es zu Abweichungen kommt und worin diese begründet liegen. Durch die offene Frage am Ende stehen meist schon mögliche Maßnahmen zur Verbesserung im Raum, die mit den Erkenntnissen aus der vorhergehenden Diskussion effektiv detailliert, ergänzt und erweitert werden können. Fazit Auch wenn Klassiker zu Recht als solche bezeichnet werden, lohnt es sich doch, bestehende Varianten einzusetzen oder diese gleich selbst zu entwickeln, insbesondere, wenn Probleme oder Konflikte immer wieder entstehen. Denn durch eine neue Betrachtungsweise lassen sich neue Lösungsräume öffnen und das ist die Voraussetzung dafür, wirklich etwas zu verändern. Denn schon Einstein wusste “Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.”
Die Kraft der Freiwilligkeit
Die Frage- und Problemstellungen werden heutzutage immer komplexer. Daher reicht es oftmals nicht mehr aus, wenn sich zwei Personen zu einem Thema zusammensetzen und austauschen. Vielmehr ist die Einbindung der unterschiedlichsten Kompetenzen zu einer Fragestellung ein bedeutender Erfolgsfaktor. Dafür braucht es motivierte und kreative Menschen, um die zum Teil gänzlich neuen Herausforderungen zu meistern. Dabei auf die Freiwilligkeit in einer Organisation zu setzen ist eine Möglichkeit, die noch viel öfter genutzt werden sollte. Denn sie bringt die wirklich Interessierten und Motivierten zusammen und erzeugt häufig einen bis dahin nicht gekannten Energieschub in der Organisation.Wie schafft man es also, dass sich möglichst viele Mitarbeiter:innen für ein Thema engagieren und ihre Organisation langfristig mitgestalten?Wir haben 5 Tipps zusammengestellt, um die Kraft der Freiwilligkeit in der eigenen Organisation zu entfalten. 1. EINLADUNG AUSSPRECHEN Eine echte Einladung auszusprechen klingt einfacher, als es tatsächlich ist. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Eingeladenen sowohl zu- als auch absagen können, ohne dass die Reaktion irgendwelche Konsequenzen hat. Vor allem, wenn es Führungskräfte sind, die einladen, fühlt es sich aber schnell nach einer Pflichtveranstaltung an. Für die Einladenden hat die Reaktion auf ihre Einladung zudem einen sehr hohen Erkenntniswert. Wie schnell reagieren die Eingeladenen? Werden Zu- und auch Absagen begründet? Nicht immer kann man zusagen, auch wenn man von dem Thema begeistert ist. 2. WIRKLICH NIEMAND? Sollte tatsächlich einmal der Fall eintreten, dass niemand mitmachen möchte, sollte man sich drei Fragen stellen: Ist die richtige Botschaft verständlich vermittelt und die Einladung adäquat formuliert worden? Welchen Mehrwert erhalten die Freiwilligen durch ihre Beteiligung? Wurden „die richtigen“ Personen zum Mitmachen eingeladen? Freiwilligkeit entsteht vor allem dann, wenn durch die Beteiligung die Bedürfnisse der Menschen erfüllt werden. Und diese können sehr unterschiedlich sein. Daher ist es umso wichtiger, die richtigen Botschaften an die passenden Menschen zu schicken. Nach der Reflexion der Erkenntnisse sollte auf jeden Fall ein weiterer Versuch gestartet werden. 3. FREIWILLIGE EINBINDEN Wer sich freiwillig für ein Thema meldet, bringt zumindest eine positive Grundeinstellung dazu mit. Nun gilt es, erst mal ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten herzustellen. Hierzu sollten die Initiator:innen ihr Thema ausführlicher darstellen, als dies in der Einladung möglich war. Optimal ist es, wenn anschließend alle Freiwilligen Fragen stellen, ihr Verständnis darlegen und Ergänzungen und neue Ideen einbringen können. Sollte dies nicht (alles) möglich sein, hilft eine transparente Kommunikation hierzu, um eine spätere Enttäuschung zu vermeiden. 4. GESTALTUNSSPIELRÄUME SCHAFFEN Der Lohn für Freiwilligkeit ist nicht unbedingt materiell, sondern vielmehr das Einräumen von Gestaltungsspielraum und das Übertragen von Verantwortung. Denn wer Verantwortung für ein (Teil-)Thema übernimmt und Gestaltungsspielräume nutzt, identifiziert sich meist auch damit. Nicht zuletzt deshalb, weil man nach außen mit der eigenen Person für das Thema steht und dabei natürlich glänzen möchte. Dies bedeutet allerdings auch, dass die Initiator:innen Verantwortung abgeben müssen und das fällt bekanntermaßen nicht immer leicht. 5. DAS ENGAGEMENT AUFRECHTHALTEN Ein Projekt oder Initiative mit Freiwilligen zu starten ist das eine, aber die Motivation und das Engagement aufrecht zu halten, ist sehr anspruchsvoll. Einerseits ist es sehr wichtig, die Teilnehmenden über die Fortschritte informiert zu halten und mit motivierenden Botschaften zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass, wie in Projekten üblich, die ToDos verfolgt werden. Andererseits sollte es in der Organisation realistisch sein, dass die Freiwilligen auch tatsächlich Zeit haben, ihrem Engagement nachzukommen. FAZIT Wer auf freiwillige Beteiligung setzt, schafft damit eine positive und nachhaltige Beteiligungskultur. Vor allem erzeugt man eine ungeahnte Energie für das spezifische Thema und häufig auch darüber hinaus. In einer solchen Kultur werden Mitarbeiter:innen lernen und sich auch zukünftig öfter einbringen und mit allen ihnen bereitstehenden Möglichkeiten daran arbeiten, die anstehenden Themen voranzubringen.
Mix‘n Match: Scrum meets Liberating Structures!
Die Welt ist voll von neuen oder auch nicht so neuen Methoden, Frameworks und Ansätzen – und täglich werden es mehr. Wer versucht, auf jeden Zug aufzuspringen und alles in Reinform auszuprobieren, wird Menschen und Organisationen schlichtweg überfordern. Es macht jedoch durchaus Sinn, sich das Neue anzuschauen, intensiv einzutauchen und herauszufinden, welche Kombinationen im speziellen Kontext einen Mehrwert schaffen könnten. So, let’s get started and Mix‘n Match! Wenn Scrum die Puste auszugehen droht Für viele Teams, vor allem in der Softwareentwicklung, ist das Arbeiten nach Scrum heutzutage Alltag. Es kann aber vorkommen, dass sich die Rituale mit der Zeit abnutzen und sich eine gewisse Monotonie einstellt. Das wirkt sich auch negativ auf die Motivation und damit die Produktivität der Beteiligten aus. Was liegt da näher, als Scrum mit weiteren Methoden zu kombinieren? Let Scrum meet Liberating Structures! Mit Liberating Structures die Menschen wieder beteiligen und einbeziehen Der Grundgedanke hinter Liberating Structures ist, dass Menschen einen besseren Job machen, zufriedener sind, mehr Ideen haben und ihre Kreativität ausleben können, wenn sie sich in Teams und Gruppen einbezogen und beteiligt fühlen. Und genau auf diese Einbindung und Beteiligung sind die 33 Mikrostrukturen ausgelegt, die Keith McCandless und Henri Lipmanowicz bisher in ihrer Sammlung zusammengetragen haben. Diese sind kostenlos im Internet verfügbar. Die Methoden sind in sechs Kategorien unterteilt und jeweils so aufgebaut, dass sie einen Rahmen für die Arbeit in der Gruppe geben. Die Kategorien sind Offenlegen, Teilen, Analysieren, Strategien entwerfen, Helfen und Planen. Alle Methoden sind dabei nach dem gleichen Prinzip aufbereitet. Zunächst erfährt man, was durch den Einsatz ermöglicht wird. Anschließend folgt eine Anleitung in den immer gleichen fünf Schritten. Und zum Schluss werden der Sinn und Zweck, Tipps und Stolperfallen sowie Variationen und Beispiele bereitgestellt. Scrum meets Liberating Structures Wie also können sich nun Scrum und Liberating Structures sinnvoll ergänzen? Zunächst einmal gilt es, herauszufinden, in welchem Event die Liberating Structures eingesetzt werden sollen. Wird das Daily vom Scrum Team als überflüssig empfunden? Stellen in der Review immer die gleichen Personen etwas vor? Kommen in der Retrospektive die wirklichen Knackpunkte nicht zur Sprache? Wird im Planning regelmäßig zu viel oder zu wenig für den nächsten Sprint geplant? Und wie läuft die tägliche Zusammenarbeit? Deutlicher wird dies an einem Beispiel. Nehmen wir einmal an, ein Scrum Team arbeitet erst kurze Zeit zusammen, und das auch noch komplett remote. Die ersten Sprintziele wurden mehr oder weniger erfolgreich erreicht und der Austausch in den regelmäßigen Events läuft eher schleppend. In den Retrospektiven gibt sich der Scrum Master alle erdenkliche Mühe, das Team zu aktiveren und ins tiefere Gespräch zu kommen. Auf den ersten Blick bringen sich zwar alle ganz gut ein: Jede:r schreibt auf, was gut und was weniger gut lief, was die Erfüllung des Sprintziels gefördert hat und was das Team behindert hat. Aber bei der Ableitung von Maßnahmen, wie die Zusammenarbeit in Zukunft verbessert werden kann, kommt keine Diskussion zustande und jeder bleibt gefühlt für sich. In dem Beispiel wird deutlich, dass es mehrere Ansatzpunkte gibt, um die Zusammenarbeit im Team zu verbessern. Einer der Ansatzpunkte ist die Aktivierung der Gruppe, wenn es um die Erarbeitung von Maßnahmen geht. Die Problematik im hier skizzierten Beispiel ist, dass es nicht zu einem konstruktiven Austausch innerhalb des Teams kommt, durch den sich alle beteiligen und damit auch alle (mit-)verantwortlich für die Umsetzung fühlen. Hierfür bietet sich die Liberating Structure „1-2-4-all“ an. Der Scrum Master formuliert aus dem erkannten Verbesserungsbedarf eine Frage, zum Beispiel „Welche Maßnahmen würdest Du vorschlagen, um die Erreichung des Sprintziels sicherzustellen?“. In einer ersten Runde schreibt sich zunächst jede:r für sich die eigenen Ideen auf. In der zweiten Runde tauschen sich die Teilnehmenden in Paaren über ihre Ideen aus und entwickeln diese weiter. Die Ergebnisse der zweiten Runde werden anschließend in Vierergruppen weiter detailliert, Gemeinsamkeiten zusammengeführt und Unterschiede herausgestellt. Jede Vierergruppe entscheidet am Ende, welche Idee besonders bemerkenswert, besonders vielversprechend erscheint und stellt diese in der Gesamtgruppe vor. Analog zum Namen der Liberating Structure stehen für die erste Runde 1 Minute, 2 für die nächste und 4 Minuten für die dritte Runde zur Verfügung. Und wenn eine Runde nicht ausreicht, um entsprechend tiefen Einsichten und Maßnahmen zu generieren, lässt sich jede Runde wiederholen. Das Ziel dieser Methode ist, dass sowohl alle Teilnehmenden ihre Ideen einbringen können und müssen als auch ein Austausch innerhalb der Gruppe stattfindet. Die so gemeinsam erarbeitete und priorisierte Maßnahme wird im nächsten Sprint umgesetzt. Das Team aus dem Beispiel würde außerdem davon profitieren, wenn es einen Raum bekommt, um sich gegenseitig besser kennenzulernen. Wenn nicht genügend Zeit für einen ausgiebigen Kennenlern-Workshop zur Verfügung steht, könnte der „Chatterfall“, das ist die digitale Variante der „Mad Tea Party“, Abhilfe schaffen. Ursprünglich wurde die Methode für Gruppen ab 10 Personen entwickelt, um beispielsweise eine gemeinsam erlebte Situation zu reflektieren und zu verarbeiten. Dafür werden Satzanfänge vorbereitet, die durch die Teilnehmenden spontan beantwortet werden. Empfehlenswert sind 10-15 Sätze, die in einer sinnvollen, aufeinander aufbauenden Reihenfolge aufgebaut werden. Die Assoziationen, die dabei ausgetauscht werden, sind spontan und authentisch. So bringen sie Unbewusstes an die Oberfläche, ermöglichen tiefere Einblicke und strategische Erkenntnisse. Für ein gegenseitiges Kennenlernen werden die Satzanfänge entsprechend formuliert. „An unserem Produkt begeistert mich besonders, dass…“, „Neben meinem fachlichen Know How ist meine Superpower…“, „An unserer bisherigen Zusammenarbeit schätze ich besonders, dass…“, „Meine Freund:innen glaube, dass ich…“. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. In der digitalen Variante werden die Satzanfänge in den Chat gestellt. Jede:r bekommt 30 Sekunden Zeit, seine Antwort einzutragen, ohne sie jedoch gleich abzuschicken. Wenn die Zeit abgelaufen ist, senden alle auf ein Signal gleichzeitig ihre Antwort ab. Dann bekommen die Teilnehmenden max. 2 Minuten Zeit, sich die Antworten durchzulesen, bevor es mit dem nächsten Satzanfang weitergeht. Mit kleinen Schritten zur Beteiligung Die Liberating Structures sind so konzipiert und aufbereitet, dass jede:r sie ohne intensive Schulung oder besonderes Know How einsetzen kann. Und obwohl einige der Schritte sehr klein erscheinen, können die Methoden eine deutlich spürbare Veränderung und Verbesserung bewirken. Denn die zunächst ungewohnte Vorgehensweise zwingt die Beteiligten, sich einem vielleicht sogar über einen
Wirkungsvolle Workshops – ein Plädoyer für sensationelle Vorbereitung und Moderation
Viele Themen lassen sich in der heutigen Zeit nicht mehr durch einzelne Personen abdecken. Zu viele einzelne Bausteine sind erforderlich, um die komplexen Herausforderungen zu meistern. Soll gemeinsam etwas Neues erarbeitet werden, wird daher oft zu einem Workshop eingeladen. Ein optimal geplanter Workshop verläuft aus Sicht der Teilnehmer:innen in etwa folgendermaßen: Bereits in der Einladung sind alle relevanten Informationen für eine gute Vorbereitung enthalten. Während des Workshops setzt sich die klare Struktur fort und eine Moderation führt leicht und locker durch die Veranstaltung. Die gemeinsam erarbeiteten und visuell festgehaltenen Ergebnisse bilden den Konsens der Teilnehmer:innen ab und die nächsten Schritte wurden festgelegt, inkl. der Verantwortlichen für die Umsetzung. Alle verlassen den Workshop mit dem Gefühl, wirklich etwas geschafft zu haben und sind sich über die nächsten Schritte im Klaren. Dass dies in der Praxis jedoch leider keine Selbstverständlichkeit ist und eine umfassende und gründliche Vorbereitung erfordert, erfahren viele von uns regelmäßig. Auch wenn Workshops zu den unterschiedlichsten Aufgabenstellungen und mit den verschiedensten Teilnehmergruppen durchgeführt werden, gibt es Grundlagen, die sich auf alle Workshops anwenden lassen. Wir haben zur Orientierung einen Workshop Canvas entwickelt, der die drei Phasen Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung umfasst. Allgemeine Merkmale eines Canvas Der Workshop Canvas funktioniert nach dem sogenannten Canvas-Prinzip: Alle wesentlichen Aspekte werden auf einer großen Seite erfasst. Man kann die Essenz und Widersprüche auf einem Blick erfassen. Der Canvas ist in mehreren Themenblöcken visuell aufgeteilt. Hinter jedem Themenblock verbergen sich unterschiedliche Fragenkataloge. Der Canvas eignet sich sowohl für die Bearbeitung in Workshops als auch für die Dokumentation von Festlegungen im Team. Wertvolle Ressourcen der Teilnehmenden optimal nutzen Um die wertvollen Ressourcen der Beteiligten zielgerichtet einzusetzen, ist eine umfassende Vorbereitung erforderlich. Ein Workshop bindet viele wertvolle Ressourcen, daher sollten diese zielgerichtet eingesetzt werden. Dies wird durch eine umfassende Vorbereitung sichergestellt. Die neun Themenblöcke des Canvas umfassen die relevanten inhaltlichen Fragestellungen. Während der Befüllung lassen sich die Anforderungen in den einzelnen Blöcken immer wieder miteinander abgleichen und so Widersprüche aufdecken. So ergibt sich ein inhaltlich in sich geschlossenes Bild, das in einen reibungslosen Ablauf übertragen werden kann. Die konkrete organisatorische Umsetzung, wie etwas Raumauswahl und -vorbereitung, Materialbeschaffung und die Planung von Pausen und Catering sind in dem Canvas nicht enthalten. (Hierzu könnten wir noch eine Checkliste erstellen, ggf. aufgeteilt nach online und vor Ort). Bausteine des Workshop Canvas Neben Feldern für den Titel des Workshops sowie Datum, Ort und Dauer besteht der Workshops Canvas aus neun Bausteinen. Das Befüllen der einzelnen Blöcke folgt keiner zwingenden Reihenfolge, sondern ist vielmehr ein iterativer Prozess. Dennoch empfiehlt es sich, mit der „Zielstellung des Workshops“ sowie dem „Gewünschten Ergebnis“ zu starten. Nach jeder Befüllung eines weiteren Bausteins sollte ein kurzer Quercheck durchgeführt werden, um Widersprüche auszuschließen und bei Bedarf nachjustieren zu können. Zielstellung des Workshops Der Anlass für einen Workshop ist oft das Aufdecken eines Problems oder die Lösung einer Herausforderung. Daraus lässt sich gut die Motivation für den Workshop ableiten. Je konkreter diese formuliert und eingegrenzt werden kann, umso effektiver kann die Vorbereitung umgesetzt werden. Die Workshop-Gestaltung kann bereits durch die Zielstellung sehr unterschiedlich ausfallen. Gewünschtes Ergebnis Dieser Baustein dient dazu, das Wunschergebnisses konkret festzulegen, ohne dabei inhaltlich vorzugreifen. Ist die Zielstellung des Workshops z.B., „neue Produktideen zu entwickeln“, könnte das gewünschte Ergebnis lauten „3 konkrete und durch die Teilnehmenden priorisierte Produktideen, die im Nachgang weiter detailliert und getestet werden können“. In Einzelfällen kann es sein, dass die konkreten Ergebniswünsche erst zu Beginn des Workshops mit allen Teilnehmenden festgelegt werden. Dies erfordert jedoch eine deutlich höhere Moderationskompetenz, da Ablauf und Methoden ggf. sehr kurzfristig angepasst werden müssen. In jedem Fall sollte das gewünschte Ergebnis so eindeutig und messbar formuliert werden, dass die Zielerreichung überprüft werden kann. Beteiligte und ihr Beitrag Aus der Zielstellung und dem gewünschten Ergebnis lässt sich ableiten, welche Beteiligte unverzichtbar sind und welchen Beitrag sie jeweils leisten können, um das Ziel zu erreichen. Welches Know-How wird für die Arbeit im Workshop benötigt, welches Fachwissen ist darüber hinaus erforderlich? Müssen alle Beteiligten die ganze Zeit anwesend sein oder können sie ihr Wissen in Form eines Fachimpulses einbringen? Sollen im Workshop bereits verbindliche Entscheidungen getroffen werden und wer besitzt die notwendige Kompetenz hierfür? Welche Rollen müssen zwingend besetzt sein, so dass ggf. gleich Stellvertretende mit eingeladen werden? Hat ein Workshop keinen Informationscharakter, sollten nur Personen eingeladenen werden, die einen aktiven Beitrag liefern können. Ablauf + Methoden Der Ablauf und die Methoden richten sich einerseits nach den inhaltlichen und fachlichen Fragestellungen, aber auch nach dem Kreis der Teilnehmenden. Für die Konzeption des Ablaufs sind beispielsweise Fragen nach den zu erarbeitenden Inhalten oder dem Wissensstand der Beteiligten zu Beginn der Veranstaltung valide. Für jeden Agendapunkt wird eine Methode festgelegt, die Art und Weise des Vorgehens definiert, um die Zielerreichung sicherzustellen. Gleichzeitig ist der Methodeneinsatz eines der wichtigsten Moderationsinstrumente. Wie können alle gleichermaßen beteiligt werden? Wie werden die Aufmerksamkeit und Energie der Beteiligten gleichmäßig hochgehalten? Und nicht zu vergessen, wann braucht es Pausen und ist ein Rahmenprogramm sinnvoll. Material + Tools Welche Materialien und Tools es zur Unterstützung braucht, lässt sich einerseits daraus ableiten, ob ein Workshop online oder vor Ort durchgeführt wird. Andererseits haben Ablauf und Methoden direkten Einfluss darauf. Ist ein Brainwriting geplant, sollte vor Ort ausreichend Post It’s oder Moderationskarten und Stifte bereitliegen. Bei einem online durchgeführten Workshop sind Lizenzen für unterstützende Tools zu klären und ggf. Schulungen/Einweisungen der Teilnehmenden erforderlich. Rollen In diesem Baustein sind vor allem die Rollen der Durchführung des Workshops gemeint. Je nach Gruppengröße sind ein bis zwei Moderator:innen sinnvoll, die bereits in die Planung, insbesondere von Ablauf und Methoden, eingebunden worden sind. Bei großen Gruppen empfiehlt sich je nach Aufgabenstellung die Arbeit in Kleingruppen. Diese sollten ebenfalls moderiert werden. Dies können Teilnehmende sicherstellen, die aber je nach Moderationserfahrung und Komplexität der Aufgabe vorab gebrieft werden sollten. Darüber hinaus ist es sinnvoll, Rollen wie z.B. „Timekeeper“, „Schreiber:in“ oder “Beobachter:in” zu vergeben. Dokumentation Bereits in der Vorbereitung kann die Art der Dokumentation festgelegt werden. Reicht ein Fotoprotokoll bzw. die Bereitstellung eines PDF der Ergebnisse bei einem Online-Workshop? Oder ist ein Protokoll in einem definierten
Zerstören Sie die digitale Transformation: Tipps für Spielverderber
Finden Sie hier ein paar totsichere Ansätze, wie Sie Transformationsvorhaben zum Scheitern bringen. Der Papa wird’s schon machen. „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird 1.000.000 nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“ – Gottlieb Daimler Vor allem im Mittelstand gibt es immer noch Unternehmen, die sich nicht am Markt ausrichten, sondern an der Bewertung des Geschäftsführers oder CEOs: Der Papa weiß, was gut ist. Das ist gleich aus mehreren Gesichtspunkten gefährlich. Die Mitarbeiter orientieren sich am Geschmack des Vorgesetzten und nicht am Markt. In Zeiten von neuartigen Produkten, in denen die Erfahrung und die vergangenen Erfolge nur bedingt helfen, zukünftige Erfolge zu prognostizieren, ist das sehr kritisch. Darüber hinaus ist eine derartige Firma faktisch von einer Person abhängig. Wenn es Probleme gibt, wird diese Person wissen, wie man vorankommt: Papa macht es schon. Ganz schwierig wird es, wenn Papa um die 60 ist und die Kunden Digital Natives. In dieser Firma möchte ich nicht der Investor sein. Fehlerkultur: Wer irrt, fliegt! „Die Jagd nach dem Sündenbock ist die einfachste.“ – Dwight D. Eisenhower Wenn man mit bestehenden Vorgehensweisen bricht, bedarf es Mut und der Möglichkeit, früh Fehler zu machen. Idealerweise stellen Sie frühzeitig fest, dass ein Prototyp nicht funktioniert und warum. So können Sie frühzeitig diesen Prototypen mit geringen Kosten verändern. Schlimm ist es, wenn Sie Millionen investiert haben, um nach dem Produktlaunch festzustellen, dass Sie keinen Abnehmer finden. Um eine derartige Fehlerkultur zu etablieren, brauchen Sie eine offene Kommunikation. In konservativen Unternehmen ist es eine große Herausforderung, da die Fehlerbestrafung häufig in der Firmen-DNA verankert ist. Ein Kollege hat es erlebt, dass kurz nach der Verkündung der neuen Fehlerkultur der CEO in seinem Führungskräfte-Meeting sich zu einer Idee folgendermaßen äußerte: „Das ist die dümmste Idee, die ich je gehört habe. Wer hat diesen Blödsinn fabriziert?“ Was glauben Sie, ist aus dieser Fehlerkultur geworden? Ideen sollten lange und ausführlich diskutiert und analysiert werden. „Auf eine Erfindung in Deutschland kommen 100 Fachleute, die davor warnen. Wenn wir immer auf sie gehört hätten, säßen wir immer noch hungrig in einer dunklen Höhle.“ – Roman Herzog Wenn Sie eine unternehmensweite Digitalisierungskampagne durchführen oder ein neuartiges Produkt entwickeln wollen, haben Sie ein großes Problem: Sie können am Anfang nicht vorhersagen, was alles passieren wird. Es ist richtig, einen Plan zu haben oder Risiken abzuschätzen. Allerdings werden Sie an einen Punkt gelangen, an dem man nur noch Hypothesen darüber formulieren kann, was passieren wird. Spätestens hier ist die Zeit gekommen, abzubrechen. Ansonsten werden Sie Ihr Vorhaben zerreden, denn es gibt immer Bedenkenträger. Sie sollten Ihre Energien darauf konzentrieren, wie Sie diese Hypothesen validieren. Gute Ideen setzen sich ganz von alleine durch. „Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vornherein ausgeschlossen erschien.“ – Albert Einstein Am Anfang meines beruflichen Lebens durfte ich ein Projektmanagementsystem einführen. In meiner Naivität dachte ich, dass alle Kollegen mich voller Begeisterung unterstützen werden. Schließlich ergab das Vorhaben absoluten Sinn. Sie können sich nicht vorstellen, welch eisiger Wind mir von den Kollegen begegnete. Mit innovativen Produkten ist es noch schwieriger. Sie müssen sich im Zweifel die Zukunft vorstellen und dann das neue Produkt darin sehen. Außerdem führen Neuerungen zu anderen Arbeitsweisen, nicht greifbaren Veränderungen und auch zu einem Verlust des Status Quo. Das mögen viele Menschen nicht. Selbst wenn sie einsehen, dass die Innovation sinnvoll ist, ist die Einführung und Etablierung kein Selbstläufer. Wenn man aber die digitale Bewegung im Keim ersticken möchte, empfehle ich ein Vorgehen, das ich bei einer Firma erlebt habe. Der Vorstand stellte sich vor die Mitarbeiter und erklärte ihnen, dass die Zeiten, in denen sie gemütlich und träge vor sich hin gearbeitet haben, vorbei seien. Zum Ende des Jahres werde die Firma nicht mehr so sein wie heute. Sie werde anders sein. Konkreter wurde er nicht. Später wunderte er sich, warum die meisten Mitarbeiter nicht den gleichen Veränderungsgeist an den Tag legten, wie er es tat. Den Kunden nach seinen Wünschen fragen? Warum nicht gleich mit Kutschen fahren. „Wenn ich die Leute gefragt hätte, was sie brauchen, hätten sie geantwortet, „Bessere Pferde“. – Henry Ford Es klingt erst einmal logisch, zum Kunden zu gehen und zu fragen, was er braucht. Im besten Fall erhalten Sie eine inkrementelle Verbesserung Ihres Produkts. Sie werden keine bahnbrechende Innovation entwickeln. Wenn Sie Pech haben, hat sich der Kunde etwas gewünscht, was er gar nicht braucht und es wird ihm erst bei der Produktnutzung auffallen. Vermutlich hätten wir heute kein Auto, keine Tamagotchi oder keine elektrische Zahnbürste, wenn die Kunden vorher gefragt worden wären. Daher ist es viel sinnvoller, die Probleme und Bedürfnisse eines Kunden sehr genau zu kennen und zu erfahren, wie er diese heute angeht und was ihn dabei stört. Das erfordert aber eine sehr intensive Auseinandersetzung mit dem Kunden. Autoren: Nicole Röttger, Tal Uscher